"Um schon einmal so viel vorwegzunehmen: Zu einhundert Prozent ist das Post-Covid-Syndrom immer noch nicht erforscht - noch lange nicht", sagt Dr. Konstantin Mayer, Professor und Leiter der Pneumologie innerhalb der Vidia Kliniken Karlsruhe.

Definition des Syndroms hat sich geändert

"Zudem änderte sich die Definition des Post-Covid-Syndrom auch zu mehreren Gelegenheiten, weshalb unser jetziges Verständnis dafür nicht zwingend mit zukünftigen Modellen übereinstimmen muss", so der Mediziner weiter.

Dr. Konstantin Mayer, Leiter der Pneumologie an den ViDia-Kliniken Karlsruhe.
Dr. Konstantin Mayer, Leiter der Pneumologie an den ViDia-Kliniken Karlsruhe. | Bild: Matthias Leidert -ViDia Kliniken

Keine sehr optimistische Einschätzung also. Allerdings bedeute das nicht, dass es auf diesem Gebiet keine Fortschritte gab, so Mayer.  "Wir lernen jeden Tag Neues über Covid und damit auch Post-Covid. Insofern wurden auch einige Hypothesen dazu aufgestellt, die es vor einem Jahr vielleicht noch nicht gab."

Was sind die Ursachen des Post-Covid-Syndroms?

Beispielsweise haben sich innerhalb der medizinischen Fachwelt einige Verdächte erhärtet, wie genau aus einer Corona-Erkrankung ein langfristiger Post-Covid-Zustand werden kann.

Der Neubau der ViDia-Kliniken in der Steinhäuserstraße befindet sich kurz vor der Fertigstellung.
Der Neubau der ViDia-Kliniken in der Steinhäuserstraße. | Bild: Thomas Riedel

"Es gibt Hinweise darauf, dass das Sars-Cov-2-Virus bei manchen Patienten nicht ganz vom Immunsystem eliminiert wird und somit in geringerer Menge chronisch im Körper bleibt. Das könnte zu einer leichten, aber andauernden Entzündung führen, was sich als Krankheitsbild äußert, das wir als Post-Covid bezeichnen", erklärt Mayer.

"Andere Erklärungsansätze hängen mit den Eiweißketten des Coronavirus zusammen, die denen des menschlichen Körpers teilweise sehr ähnlich sind. Wenn das Corona-Virus nun vom Wirtskörper bekämpft wird, werden die Informationen über den Krankheitserreger abgespeichert."

"Post-Covid tritt auch bei leichten Verläufen auf"

Vereinfacht formuliert würde der Organismus damit auch die eigenen Eiweißketten als fremd erkennen und bekämpfen, da sie nicht in allen Fällen korrekt von denen des Covid-Virus zu unterschieden werden.

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"Es kommt dabei zu einer autoimmunen Reaktion. Der Organismus bekämpft sich selbst und die Symptome, die dadurch verursacht werden, verstehen wir als Post-Covid-Syndrom. Auch diese Annahme ist, wie die erste, bisher nur hypothetisch und noch nicht hinreichend durch Beweise belegt", sagt Mayer.

"Was wir aber definitiv sagen können, ist, dass das Post-Covid-Syndrom auch bei sehr milden Krankheitsverläufen auftritt und jedes Organ des Körpers betreffen kann."

Was sind die Symptome und wie lassen sie sich behandeln?

Jedes Organ des Körpers könnte also Schäden nehmen - auch bei milden Verläufen. Schon beim ersten Gespräch mit einem Mediziner zu diesem Thema wurde bestätigt, dass chronische Müdigkeit, Leistungsminderung und Atemwegsstörungen die häufigsten Symptome seien. Laut Mayer habe man auch Asthma und Herzschäden in Zusammenhang mit den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung beobachten können.

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Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man die Nachwirkungen konkret behandeln will. Laut dem Mediziner "kommt das ganz auf die Symptome an. Eine Sonderform des Fatigue kann man zum Beispiel fast gar nicht behandeln. Asthma oder Herzerkrankungen im Idealfall aber sehr gut. Wir werden bei der Behandlung von Post-Covid also in erster Linie die spezifisch auftretenden Symptome aufgreifen müssen", wie Mayer weiterhin erklärt.

Woher weiß man, ob ein Symptom durch Post-Covid ausgelöst wird?

Wenn nun aber primär die einzelnen Symptome in den Fokus gerückt werden, um eine Therapie zu finden, woher weiß man überhaupt, ob sie von einer Covid-Infektion oder einer gänzlich anderen Quelle stammen? "Tja, wenn ich das wüsste, würde ich einen hochrangigen Artikel zu diesem Thema in der Fachpresse veröffentlichen", sagt Mayer.

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"Leider liegen derartige Erkenntnisse noch vor uns. Ebenso in welchem Maß eine zweite Covid-Infektion oder eine Impfung das Post-Covid-Syndrom beeinflussen", erklärt er weiterhin. "Erste Hinweise auf eine Reduktion des Post-Covid-Syndroms durch Impfungen sind allerdings vorhanden."

"Der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle"

"Grundsätzlich kann man sich bei der Diagnose aber immer die Frage stellen: 'Hat der Patient neu auftretende Erkrankungen seit der Covid-Infektion'. Die erste Anlaufstelle für Patienten ist dabei der Hausarzt", so der Mediziner.

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"Mittlerweile gibt es auch Leitlinien zur Materie des Post-Covid-Syndroms, nach denen Hausärzte zunächst selbstständig behandeln und Patienten gegebenenfalls an Spezialisten überstellen können." In deren Verantwortung liege es dann auch, inwieweit die Beschwerden nach der Corona-Erkrankung behandelt werden können.

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